Das Flachdach in Holzbauweise

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Das Flachdach in Holzbauweise

Ingenieurbüro Kalin
Veröffentlicht von Jens Kalin in Feuchteschutz · 20 November 2020
Puuh, nun fängt die kalte Jahreszeit wieder an, und das Thema "Feuchteprobleme in einem Flachdach in Holzbauweise" nimmt wahrscheinlich wieder Fahrt auf. Feuchte Dämmung und feuchte bis nasse Holzschalung oder noch schlimmer, OSB-Schalung, sind die Bereiche die in diesen Dachaufbauten am kritischsten sind. Die aktuelle Architektur ist oftmals auf gerade Linien und eine einfache Cubatur ausgelegt. Diesem Umstand verdanken wir es, dass es immer weniger Schrägdächer gibt. Es scheint als seien Flach- oder flachgeneigte Dächer das optische Non-Plus-Ultra. Aber auch wenn man diese Dächer von außen mittlerweile gut abgedichtet bekommt, sodass kein Regenereignis mehr für Schäden sorgt, so problematischer sind diese Konstruktionen im Bereich der Diffusion. Durch die Abdichtung von aussen wird eine Wasserdampfdiffusion stark gehemmt oder sogar komplett unterbunden. Evtl. ungewollte Feuchtigkeit in der Dachkonstruktion kann nicht nach aussen diffundieren. Und hier liegt der bauphysikalische Hauptunterschied zu einem Satteldach, welches i.d.R. über eine diffusionsoffene Unterdeckbahn und eine unterlüftete Dacheindeckung verfügt.
Also wäre eine belüftete Ebene auf der "kalten" Seite der Dämmung sinnvoll??? Hier gibt es von mir ein ganz klares "Ja---aber...".
Es muss eine funktionsfähige Hinterlüftung sein. Oftmals wird zwischen Holzschalung und Dämmung ein Zwischenraum belassen und wenn man dann mit den Verantwortlichen spricht, stellt das Ihre Hinterlüftung dar. Nein, das ist noch keine Hinterlüftung. Eine Hinterlüftung besteht aus einem ausreichenden Lüftungsquerschnitt und ausreichend bemessenen Luftein- u. austrittsöffnungen. Sollte diese Ebene nur eine stehende Luftschicht darstellen, kann sie sich u.U. sogar kontraproduktiv auswirken, da sich evtl. konvektive Feuchteintritte, über Undichtigkeiten, erhöhen könnten.
Durch wechselnde Diffusionsrichtungen in den unterschiedlichen Jahreszeiten, wandert diese evtl. vorhandene Feuchtigkeit in Dampfform im Winter Richtung Aussenhaut und trifft da auf eine kalte Oberfläche, oftmals die Schalung. Hier fängt die Feuchtigkeit an zu kondensieren und es entstehen Wassertropfen.

Dieser Effekt ist ähnlich dem an einer Getränkeflasche, die man im Sommer aus dem Kühlschrank holt und auf einen Tisch stellt. Innerhalb kurzer Zeit bilden sich an der Außenoberfläche der Flasche Wassertröpfchen und es entsteht ein nasser Ring auf dem Tisch. Also feuchtwarme Luft trifft auf kalte Oberfläche.
Entscheidend bei diesen Dachaufbauten ist neben der Auswahl der richtigen Luftdichtheitsschicht, auch die Planung eines sinnvollen Bauablaufes. Gerade im Winter ist dies von enormer Bedeutung, da oftmals Feuchteschäden auftreten noch bevor eine Nutzung des Objektes statt gefunden hat. Die Gewerke, die einen hohen Feuchtegehalt in den Baukörper transportieren, sollten fertiggestellt und ausreichend abgetrocknet sein. Beton-, Estrich- u. Putzarbeiten sind hierfür gute Beispiele.
Bevor jedoch dann mit den Dämm- u. Dichtarbeiten in dem Flachdach begonnen wird, sollten Holzfeuchtemessungen durchgeführt werden, damit man eine evtl. vorh. Holzfeuchte nicht in der Konstruktion einsperrt.
Eine Luftdichtheitsschicht mit einem sd-Wert > 100m ( z.B. herkömmliche PE-Dampfbremse, wie auf dem Bild oben), auf der Innenseite, ist normativ nicht mehr geregelt. Man sperrt unten relativ dicht ab und nach aussen kann auch keine Feuchtigkeit entkommen. Die Theorie, dass bei solchen dichten Aufbauten keine Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringt, hat sich in der Praxis nicht bestätigt. Selbst kleinste Mengen Feuchtigkeit, die durch kleinste Konvektionen (Undichtigkeiten) oder über z.B. Flankendiffusion in das Bauteil eindringen, können zu einer Feuchtakkumulation führen. Das selbst kompostierende Dach ist erstellt.
Um Feuchtigkeit aus der Konstruktion Dach herauszubekommen, sollte man also nicht alle Wege, die hinausführen versperren.
Das heisst nicht, dass man auf eine luftdichte- oder abdichtende Ebene verzichten kann. Hier sollten jedoch Materialien verwendet werden, die über das gesamte Bauteil Dach aufeinander abgestimmt sind. Zum Beispiel sollten hier als Dampfbremse, Bahnen verwendet werden, die ihren Sperrwert gegenüber Wasserdampfdiffusion (sd-Wert), in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit, verändern können. Diese Bahnen sind "feuchtevariable".  Bei hohen Luftfeuchtigkeiten weisen diese Bahnen einen geringen sd-Wert auf, um Feuchtigkeit aus der Konstruktion in den Raum zurück transportieren zu können.
Im Volksmund wird auch gerne der Begriff der "intelligenten Dampfbremse" genutzt. Dies ist m. E. jedoch nicht ganz richtig, da diese Bahnen lediglich eine Reaktion auf etwas zeigen. Das dieses Verhalten der Dampfbremse auch zu Problemen führen kann, behandele ich dann mal in einem anderem Blog. Daher ist die Verwendung einer feuchtevariablen Dampfbremse auch nicht die Lösung aller Probleme und stellt auch keine pauschale erhöhte Sicherheit dar.
In Verbindung mit einer guten Planung des Bauablaufes sind diese Bahnen jedoch in der Lage einer Feuchtakkumulation entgegenzuwirken.

Fazit: Das Bauteil Flachdach in Holzbauweise ist m.E. als bauphysikalisch kritisch anzusehen, und sollte immer mit einer umfassenden Planung, (Feuchteschutznachweis hygrothermisch und einem angepasstem Bauablauf) belegt werden.
Wenn es die Möglichkeit gibt, diesen Aufbau von oben, also oberhalb der ersten Abdichtung, zu dämmen, wäre dies m.E. bauphysikalisch auch sinnvoll.

Viel Erfolg beim Bauen!!!


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