Luftdichtheit

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Luftdichtheit

Ingenieurbüro Kalin
Veröffentlicht von Jens Kalin in Feuchteschutz · 27 Januar 2021
Das Thema mit der Luftdichtheit
  
Die Luftdichtheit ist heutzutage ein Bereich, der aus der Baubranche nicht mehr wegzudenken ist. Die Notwendigkeit ist aufgrund von Bauschäden und Energieverlusten unbestritten. Dennoch wird dieses Thema oftmals leider noch stiefmütterlich behandelt. Es wird kaum darüber nachgedacht und am Ende ist doch eine luftdichte Gebäudehülle vorhanden, weil man das ja schon immer so macht. Aber wie auch der Lauf der Zeit, ändern sich auch mal Baustandards und Vorgehensweisen.
 
Einige Aspekte zur Luftdichtheit sind aus diesem Grunde hier aufgeführt:

 
Die Pflicht bei der Luftdichtheit!  
Seit Ende 2020 gibt es nun den Nachfolger der EnergieEinsparVerordnung (EnEV) das GebäudeEnergieGesetz (GEG). Viele Anforderungen bezogen auf die energetische Gebäudehülle, auf die Anlagentechnik und erneuerbarer Energien sind dort enthalten. U-Werte für jedes Bauteil im Neubau, im Bestand, für Wohngebäude und Nichtwohngebäude etc. Aber lediglich wenige Paragraphen beschäftigen sich mit der Luftdichtheit. § 13 macht das und gibt vor: „Ein Gebäude ist so zu errichten, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig nach den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist.“ (Gebäudeenergiegesetz, Teil 2, Abschnitt 1, § 13 Dichtheit). Dies ist jedoch nicht neu, denn schon in der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 gab es diese Forderung. Dennoch treten heutzutage immer wieder Bauschäden auf, die in einem engen Zusammenhang mit der Luftdichtheitsebene stehen.


Was heißt luftdicht?
  
Ein Gebäude gilt als luftdicht, wenn es so dicht ist wie eine gemauerte und verputzte Wand.

luftdichter Anschluss - Wo?????

Oftmals wird die Luftdichtheit mit einer Dampfdiffusionsfähigkeit gleichgesetzt, da in einer Dachkonstruktion häufig beide Funktionen praktischerweise von der ausgewählten Dampfbremse übernommen werden. Jedoch muss man diese Punkte getrennt voneinander betrachten. Alle marktüblichen Dampfbremsen sind i.d.R. luftdicht, jedoch können die Sperrwerte gegenüber Dampfdiffusion (sd-Werte) stark variieren. Somit besteht in erster Linie eine gesetzliche Anforderung lediglich an die Luftdichtheit, was bedeuten würde, da ja alle Dampfbremsen luftdicht sind, dass die Auswahl der Dampfbremse dann nicht so schwierig ist.
 
Dies ist aber weit gefehlt!!!

  
Luftdichtheit vs. Diffusion
 
Die luftdichte Ebene sorgt in einem Bauteil dafür, dass keine strömende Luft hindurchkommt.
 
Gerade im Winter, wenn die Innentemperaturen durch div. Energieträger aufgeheizt werden, sorgt diese Ebene für eine angenehme Behaglichkeit. Sollten Undichtigkeiten vorhanden sein, kann - neben dem Energieverlust - warme Luft in das Bauteil einströmen. Da die aufgewärmte Raumluft erhöhte Feuchtigkeitsmengen aufnehmen kann, transportiert diese Luftströmung (Konvektion) u.U. auch erhebliche Mengen Wasserdampf in die Baukonstruktion, die dann zu Bauschäden führen können. Das bedeutet, die luftdichte Ebene soll eine Konvektion und somit auch einen Feuchtigkeitstransport in Bauteile verhindern.
 
Eine weitere Art der Wasserdampfwanderung in ein Bauteil hinein ist die Diffusion. Diese findet ganz ohne ein Trägermedium, wie die strömende Luft, statt. Transportiert aber bei weitem auch nicht die Feuchtigkeitsmengen. Grundsätzlich kann man sagen, dass sich unterschiedlich hohe Luftfeuchten, nach einem physikalischen Prinzip ausgleichen wollen und somit eine „Wasserdampfwanderung“ vom höheren zum geringeren Potenzial stattfindet. Mit der Diffusion kann man aber eigentlich gut umgehen. Je nach Dachkonstruktionen gibt es halt Dampfbremsen mit unterschiedlichen Sperrwerten, die zur Regelung der Diffusion beitragen. Bei nach außen diffusionsoffenen oder hinterlüfteten Dachkonstruktionen kommt man schon mit geringeren sd-Werten auf der Innenseite aus, da evtl. ungewollt, in die Dachkonstruktion, eingetragene Feuchte auch nach außen wegdiffundieren kann.
 
Bei Flachdächern in Holzbauweise sieht das schon anders aus. Diese weisen auf der Außenseite oftmals lediglich eine Holzschalung mit einer Abdichtung auf, damit ist eine Diffusion nach außen im Prinzip nicht möglich. Eine Austrocknung von evtl. ungewollt vorhandener Feuchtigkeit ist also nur nach innen hin möglich. Hier bedarf es dann spezieller Dampfbremsen, die eine Rücktrocknung über Diffusion in den Raum hinein ermöglichen. Diese Aufbauten sollten jedoch nicht ohne eine vorherige Planung, besonders auch des Bauablaufes und Erstellung eines Feuchteschutznachweises, erstellt werden.

 
Wer plant eigentlich die luftdichte Ebene?
In der Praxis findet die Planung der luftdichten Ebene, auch bei bauphysikalisch grenzwertigen Aufbauten, oftmals auf Zuruf oder baubegleitend oder aus angeblichen Erfahrungen statt. Sätze wie: „Das machen wir schon seit 20 Jahren so“ sind keine Seltenheit. Auch wird die Industrie oftmals auf Planungsleistungen angesprochen. Diese unterstützt oftmals gerne mit kompetentem Fachwissen, ruft aber auch lediglich Bauteilempfehlungen aus, die die Baubeteiligten dann abstimmen müssen. Man findet auch bestimmt kaum einen Hersteller von Stahlbewehrungsmatten, der für ein Bauvorhaben eine Statik rechnet.
Dabei gibt es ja auch noch eine Norm, die das Thema „Luftdichtheit von Gebäude“ beschreibt. Nach der DIN 4108 Teil 7 ist eine Luftdichtheitsschicht sorgfältig zu planen, auszuschreiben und auszuführen. Weiterhin besagt die Norm, dass für jedes Bauteil der Hüllfläche die Art und Lage der Luftdichtheitsschicht festzulegen ist. Somit sollte im Zuge der Planung auch die Dampfbremse, die im Dach oftmals auch die Aufgabe der Luftdichtheitsschicht übernimmt, genau definiert werden. Dies sollte dann über einen, für das Bauteil geeigneten, Nachweis des Feuchteschutzes erfolgen.

 
Die Dauerhaftigkeit von Luftdichtprodukten
 
Schon im Jahre 2003 hat sich ein Hersteller mit dem Thema der Alterungsbeständigkeit von Produkten der Luftdichtigkeit beschäftigt. In Zusammenarbeit mit der Universität Kassel wurden damals erste Prüfreihen zur Alterungsbeständigkeit durchgeführt. Bei diesen Langzeittests wurden neben den Produkten wie div. Bahnen und Klebebänder auch die eigentliche Klebeverbindung getestet. Die Produkte wurden also aufeinander abgestimmt und auf eine gute Dauerhaftigkeit eingestellt.
 
Seit November 2018 - also 15 Jahre später - gibt es nun erstmals auch normative Anforderungen. Die DIN 4108-11 beschäftigt sich mit den „Mindestanforderungen an die Dauerhaftigkeit von Klebeverbindungen mit Klebebändern und Klebemassen zur Herstellung von luftdichten Schichten“. Diese Mindestanforderungen sollten von Produkten, die zur Luftdichtheit beitragen auch erfüllt werden.

 
Die Verklebung und der „Tack“
 
Wenn der Trennstreifen von dem Klebeband gelöst wird und man mit den Fingern auf den Kleber tappt, hat man ein haptisches Empfinden über die Klebkraft. In der Praxis dient dieser Test oft als angeblicher Qualitätscheck. Dieser erste Kontakt des Klebers mit einem Substrat beschreibt die Anfangshaftung - den sog. Tack -. Eine hoher Anfangstack weist jedoch nicht zwangsläufig auf eine gute Dauerhaftigkeit hin. Legt man z.B. eine PE-Folie unter ein Mikroskop, wird man feststellen, dass die Oberfläche gar nicht so glatt ist, wie man wahrscheinlich denkt. Sie besteht aus vielen Bergen und Tälern. Beim Anfangstack erreicht der Kleber überwiegend nur die Bergspitzen. Erst nach einer gewissen Zeit füllen sich auch die Täler mit Kleber. Dann ist die Klebeverbindung vollständig erstellt.

Verklebung mit Spannung

Neben dem "Tack" ist die Oberflächenspannung des zu verklebenden Substrates ebenfalls entscheidend. Wenn ein Kleber auf einen Untergrund trifft, muss er diesen auch flächig benetzen. Dafür sollte die Oberflächenspannung des Substrates höher sein, als die Spannung, die den Kleber zusammenhält. Auf dem obig gezeigten Bild sieht man wie ein Wassertropfen auf dem Untergrund relativ stabil steht. Die Oberflächenspannung des Untergrundes reicht also nicht aus um den Tropfen flächiger zu verteilen. Dieser Effekt würde einer guten Verklebung entgegen stehen. Die Oberflächenspannung des Subtrates müsste den Klebertropfen auseinander ziehen um so eine gute Benetzung zu erreichen.
Dieser Vorgang, ähnlich wie der bei dem "Tack", funktioniert natürlich dann am besten, wenn die Kleber-Rezepturen auf die Substrate abgestimmt sind. Diese Abstimmung erfolgt logischerweise bei Produkten eines Herstellers. Somit ist die Verwendung von Dampfbremsbahnen und Klebemitteln unterschiedlicher Hersteller in einem Bauteil, nicht zu empfehlen.

 
Sicherheit mit System
 
Wie man bisher erkannt hat bieten aufeinander abgestimmte Systeme der Luftdichtheit viele Vorteile und eine erhöhte Sicherheit für das ausführende Unternehmen und den Hausbesitzern. Dies hat die DIN 4108-7 auch erkannt und fordert, dass Klebstoffe und Bauteile für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet und aufeinander abgestimmt sein müssen. Damit sind die Zeiten endgültig vorbei, wo Dampfbremsen lediglich überlappend verlegt oder evtl. noch mit einem Paketklebeband notdürftig verklebt wurden. Der o.g. Ausspruch „Das machen wir schon seit 20 Jahren so“ birgt dann auch ein weiteres Risiko insich.  

 
Viel Spaß beim Bauen!!!!


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